13. September 2021
Beim „Mensch ärgere dich nicht“-Spielen lässt sich viel fürs Leben lernen
Neulich habe ich mit meiner Familie wieder einmal „Mensch ärgere dich nicht“ gespielt. Wieder einmal ist gut. Das letzte Mal, dass wir uns dafür zusammen an den Tisch gesetzt haben, ist ziemlich lange her. Zwei, drei Jahre schätze ich. Dazu muss man wissen, dass meine beiden Zwillingssöhne – ich formuliere es diplomatisch – noch nicht so gut verlieren können. Und jeder, der schon einmal „Mensch ärgere dich nicht“ gespielt hat (also vermutlich jeder), weiß, dass dabei die Emotionen ganz schön hochgehen können.
Bei uns gabs bis jetzt noch jedes Mal die gesamte Palette gefrusteter Gefühlszustände (vom Murren übers Anschnauzen bis zu lautstarken Unmutsbekundungen), Schreiduelle und Tränen inklusive. Und nach jedem Spiel habe ich das Brett weggepackt und mir hitzig geschworen: nie wieder! Aber ich kann’s irgendwie nicht lassen… Na ja, diesmal hat das leider wieder wie üblich geendet, dabei sind sie jetzt zehn. Aber gut, es hat zumindest niemand geweint (allerdings hat einer bis zum nächsten Morgen kein Wort mehr mit mir geredet).
Dabei finde ich, man kann so viel fürs Leben lernen beim „Mensch ärgere dich nicht“. Geduld zum Beispiel und Resilienz. Im Prinzip ist es ja so: Jeder hat so seine Pläne für sein Leben, seine Träume. Und ganz gleich, ob es sich dabei um mittelfristige oder langfristige Ziele handelt, letztlich kommt doch immer was dazwischen – oder halt anders. Nur bei sehr zeitnah gesteckten Minizielen ist die Chance größer, dass einmal etwas genau so kommt, wie man sich das ausmalt hat. Also bei mir ist das jedenfalls so.
Das Glück is a Vogerl und braucht einen Landeplatz
Deshalb ist es bestimmt sinnvoll, was das große Ganze betrifft, flexibel zu bleiben, Neues auszuprobieren und Rückschläge nicht überzubewerten – und das lässt sich im Kleinen beim „Mensch ärgere dich nicht“-Spielen üben. Wenn dich dein Mitspieler einen Würfelwurf vor der Ziellinie vom Spielfeld fetzt, dann heißt es „zurück an den Start“. Und ob dir das passt oder nicht: Es hilft kein Schreien und kein Toben (und außerdem: ES IST EIN SPIEL, JUNGS!). Nur wer ausdauernd ist und weiter würfelt, kann seine roten, grünen, blauen oder gelben Maxerln ins Trockene bringen.
Wie das im echten Leben am besten geht? Keine Ahnung! Ich komme immer mehr zu dem Schluss, dass es dafür kein Patentrezept gibt. Manchmal ist es besser, du bringst zwei, drei Maxerln gleichzeitig aufs Feld, ein anderes Mal fährst du vielleicht besser, wenn man mit einem losrennt, als gäbe es kein Morgen. Wann welche Strategie greift, das ist die Gretchenfrage. Vielleicht ist das aber eh wurscht: Weil alle Faktoren wirst du sowieso nie kennen und das Glück ist bekanntlich ein Vogerl.
Letztlich hängt von diesem Vogerl wahrscheinlich das meiste ab. Ob es auf deiner Schulter landet und dir liebevoll ins Ohr zwitschert oder ob es das Weite sucht. Erzwingen kannst du Ersteres nicht, aber zumindest solltest du es dem Vogerl ermöglichen, überhaupt landen zu können. Mit anderen Worten: Wenn dich der Mitspieler (oder das Leben) aus der Bahn wirft, musst du wieder aufstehen, weil sonst ist das Spiel aus – und das Vogerl ganz futsch.
Das hätte ich gern meinen Kindern erklärt, aber sie hören nicht zu. Zumindest nicht in und nach der Hitze des Gefechts. 🙁
Hinfallen, aufstehen, Krone richten, weitergehen …
Egal, erzähl ich euch von mir: Mein persönliches Mich-fetzt-ein-Spieler-vom-Feld-Erlebnis hatte ich im April 2020. Der Auftakt zur Pandemie hat für mich den Verlust meines Jobs bedeutet (Mitleid verdiene ich keins, immerhin hab ich selbst gekündigt). Das war ganz gut zu verkraften und letztendlich auch eine meiner besten Ideen ever: Endlich macht Schreiben wieder Spaß. Weit schlimmer war, das meine betagte Mutter nahezu zeitgleich mit einem Schädelbasisbruch ins Spital kam. Ein Unfall, bei dem lange nicht klar war, ob und wie sie das überstehen wird. Aber auch dabei gabs ein happy Weitermachen und auch wenn es seine Zeit gedauert hat, heute ist sie wieder ganz gut auf den Beinen (3x auf Holz klopf).
Dass alle Lesungen meines damals recht neuen Kinderbuchs ausfielen, war auch nicht so prickelnd. Eigentlich ein gewaltiger Dämpfer für meine aufkeimende Leidenschaft, Kinderbücher zu veröffentlichen. Als No-Name musst du lesen, sonst merkt keiner, wie toll du bist. 😀
Zum Glück hat der kleine Verlag, der mein Buch herausgegeben hat (der Fairyland Verlag) nicht aufgegeben und weitergemacht. Und das, obwohl kleine Verlage es besonders schwer hatten. Bücher gekauft wurden in der Pandemie zwar jede Menge, vor allem Kinderbücher. Allerdings waren es die üblichen Verdächtigen (bekannte Autoren und renommierte Verlage), die ihre Absätze steigern konnten. Wer nicht in der Buchhandlung stöbern kann, setzt eben auf Bewährtes und klingende Namen, aber nicht auf Titel von kleinen Verlagen.
Jetzt ist gerade ist mein drittes Kinderbuch erschienen (wieder bei Fairyland): „Der Ring des Zwergenkönigs“. Und einige Buchungen für Lesungen habe ich bereits; zum Beispiel auf der Buch Wien (Juchhuuu: Kommt alle hin, bitte). Bloß, und bei dem Gedanken bekomme ich kaltschwitzige Hände … wie wird das werden im Herbst? Wird es schon bald wieder einen Totalausfall bei den Lesungen geben? Werden sie wieder nur online über die Bühne gehen können? Aber auch hier gilt: Es kommt, wie es kommt – und was man nicht ändern kann, muss man akzeptieren.
Es ist eben wie beim „Mensch ärgere dich nicht“-Spielen: Hinfallen, aufstehen, Krone richten, weitergehen!
P.S.: Übrigens hat mich mein Sohn (der, der letztens nicht mehr mit mir geredet hat) gerade gefragt, ob wir noch eine Runde „Mensch ärgere dich nicht“ spielen wollen. Wie es wohl heute ausgeht?
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