3. September 2023
Sonntagsbeichte oder Seelenstriptease mit sauscharfen Chilis - und: Silke, die Petze
„Wenn meine Kinder zu mir kommen und mir alles erzählen können, was auch immer sie verbockt haben, das ist für mich echtes Vertrauen. Dann weiß ich, ich habe es richtig gemacht. Und dafür werde ich sie auch nie schimpfen.“ Meine salbungsvollen Worte erst gestern bei einem netten Grillabend mit lieben, ebenfalls bekinderten Freunden – in weinseliger Stimmung.
Heute die Probe aufs Exempel: Einer meiner zwei Söhne – beide haben sich mit einem gemeinsamen Freund am Fußballplatz verabredet – ruft an.
„Mama, dürfen wir zusammen mit Andreas in Liesing einen Hot Tortilla Chip kaufen. Sandro und Lorenz haben das auch gemacht. Urlustig und megascharf.“
„Äh stopp, was ist denn das?“
„Ah, das ist so eine TikTok Challenge mit dem schärfsten Tortilla-Chip, den es gibt.“‘
TikTok-Challenge? Alarmstufe Chili-ROT: Mutter googelt bei den letzten Worten des Sohnemanns schon wie wild, wird fündig und liest vor, was sie im Netz dazu findet:
„Seit Tagen beschäftigt die sogenannte ‚Hot Chip Challenge‘ das Netz. Die Idee: Wer es schafft, einen extrem scharfen Tortilla-Chip zu essen, gewinnt. Klingt erst einmal simpel, ist aber brandgefährlich: In einer Schule in Euskirchen (D) musste jetzt sogar der Notarzt anrücken… Der behandelnde Notarzt teilte mit, dass der Verzehr dieser Chips, besonders für Kinder, sehr gefährlich sein kann. Bereits das Ablecken eines Chips kann zu Magen- und Kreislaufbeschwerden führen… Auch das Pulver der Chips am Finger kann, sofern es in die Augen gerät, zu Schäden am Auge führen.“
Kind, das sich Mutters Vorlesungs-Tirade angehört hat: „Mama, bitte, wir essen den zu dritt und nur ganz kleine Mengen. Das ist cool.“
„Nein!“
„Mama chill. Ich schick dir das Video von Sandro und Lorenz. Sie leben noch!“
„Gratulation. Aber ihr macht das nicht!“
„W-I-E-S-O??? Wieso verbietest du alles, was Spaß macht??“
Meine Stimme überschlägt sich wie ein viel zu schneller Formel 1 Wagen in der berüchtigtsten Kurve von Monza.
„Weil ich nicht will, dass ihr im Spital landet. Punkt aus. Und Andreas‘ Mutter ruf ich jetzt auch gleich an und informiere sie, was ihr machen wolltet und den Eltern von Sandro und Lorenz (enge Freunde von uns, Anm.) sage ich auch Bescheid. Die sollten wissen, was ihre Kinder für einen Sch… machen!“, brülle ich gechillt ins Telefon.
„Mama, bitte!“
„Nein, du das ist der Wahnsinn: Atemwegsbeschwerden, Hautreizungen, Notarzt! Auf was für Ideen kommt ihr eigentlich??“ Ich merke, ich bekomme selbst schon keine Luft mehr…
„Und ihr kommt jetzt sofort nach Hause!“
Piep-piep-piep. Mein Kind hat aufgelegt. Nicht ganz unverständlich, aber: Ahhhhhhhh!
Ruhig Blut und mehr Zuverschicht (mein Wort der Woche)
Okay, was würde jemand tun, der rational die Lage analysiert und seinen Kindern zumindest einen Funken Reflexion und Intelligenz zutraut?
Ich habe keine Ahnung!!! Ich jedenfalls informiere telefonisch die Eltern der anderen Burschen (klarerweise versuche ich dabei ruhig und überlegt zu wirken, obwohl mein Blutdruck sicher doppelt so hoch ist wie sonst) und renne in der Wohnung wie ein Huhn auf Speed hin und her.
Mein Mann hat DIE Idee: Wir warten jetzt erst einmal ab… ob sie nach Hause kommen.
Und tatsächlich: 20 Minuten später stehen die drei Lämmchen vor der Tür, als wäre nichts gewesen und sind sehr einsichtig. Hätten sie eh nicht gemacht, sagen sie. Kein Grund, sich aufzuregen.
Dass ich in der Zwischenzeit alle Eltern in Panik versetzt habe, lasse ich erst einmal unerwähnt. Morgen reicht auch noch, um als Petze entlarvt zu werden. Erst einmal bin ich froh, diesen TikTok Schas abgewendet zu haben.
Nach etwas Gezocke führt sie ihr Weg wieder zurück auf den Fußballplatz, wo sich ihre Suche nach dem ultimativen Thrill ein Stelldichein gibt mit um drei Jahre älteren Kameraden und deren hammerharten Schüssen, wovon ich mich als Teilzeit- und Schönwetterfußballvereinsmutter später selbst überzeugen kann.
Jetzt, abends, fällt mir dann wieder ein, dass ich heute eine neue Gepflogenheit in meinen Blog einführen wollte. Jene des Worts der Woche. Die Idee ist geklaut, ich gebs zu. Aber nachmachen will man ja nur Dinge, die richtig nice sind, darum liebe Judith Peters von Sympathexter danke für die Anregung! Und weiter so, ich mag deine Seite <3
Jedenfalls mein Wort der Woche ist: Zuverschicht.
Und in meiner Definition bedeutet Zuverschicht: Das täglich wiederkehrende, phasenweise feste Vertrauen darauf, dass alles gut wird (alternierend zu den täglichen Phasen der komplett gegenteiligen Annahme). Und das passt irgendwie perfekt heute. 😀
Hier gehts zur Blog-Bar -> Klick dich durch! 🙂
Hallo Martina, Schwester im Geiste💕🤗🥳
😂😂😂I feel you!!!🤩Grossartige Worte!👏🏼👏🏼